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Waghalters Opern

Mandragola

Im Jahr 1914 brachte das Deutsche Opernhaus Waghalters komische Oper Mandragola als Erstaufführung auf die Bühne, ein Lustspiel, das sich auf Machiavellis Vorlage aus der Renaissance stützt. Es erzählt die Geschichte eines alten Mannes, dem es nicht gelingen will, die Ehe mit seiner sehr hübschen jungen Frau zu vollziehen und einen Erben zu zeugen. Man macht ihn glauben, die Einnahme einer exotischen Wurzel (der Mandragola) könne das Problem lösen. Allerdings wendet sich der alte Mann zum Zwecke dieses Experiments an einen Arzt, der, wie sich herausstellt, in Wirklichkeit der glühende junge Liebhaber seiner Frau ist. Und so liegen am Ende der Oper die beiden Liebenden im Bett, während draußen vor der Tür der gehörnte Alte wohlgemut das Ergebnis der „Wunderheilung“ abwartet. Es war nicht ganz leicht, die Oper durch die Zensur des Kaisers zu schleusen, und sie wurde bei ihrer Premiere vom Berliner Publikum und der Kritik freundlich aufgenommen. Die tonangebende Musikzeitschrift „Signale“ veröffentlichte eine anerkennende und einfühlsame Würdigung:

„Man kann nun nicht mehr an dem Gedanken vorbei, dass wir in Waghalter den Mann haben, der uns ein ganzes Repertoire von jener Sorte feinerer komischer Opern schreiben könnte, die das Publikum so lange und so schmerzlich entbehrt hat. Und dazu scheint er vor anderen befähigt zu sein, weil er zwar in Deutscher Schule sich die gediegensten technischen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben, aber auf sein melodisches Gefühl auch andere Vorbilder hat wirken lassen. Dadurch, besonders durch italienischen Einfluss, hat er sich gegen die Dickblütigkeit und Eckigkeit des Rezitativischen geschützt, die aus den Arbeiten der deutschen ,Meistersinger’-Nachahmer spricht. Manchmal deklamiert Waghalter geradezu falsch, aber er tut’s der melodischen Phrase zu Liebe, und Unheil richtet er damit nur bei den trockenen musikdramatischen Grammatikern an, die alles mit Zollstab nachmessen. Alle anderen aber freuen sich über die gewonnene Melodie.

Die musikalische Leichtblütigkeit allein würde es aber auch noch nicht tun, das Entscheidende ist, dass Waghalter wirklich echte melodische und rhythmische Einfälle hat. Und da er mit ihnen wirklich nicht knausert, scheint er sich auf einen großen Vorrat verlassen zu können.“

Die musikalische Leichtblütigkeit allein würde es aber auch noch nicht tun, das Entscheidende ist, dass Waghalter wirklich echte melodische und rhythmische Einfälle hat. Und da er mit ihnen wirklich nicht knausert, scheint er sich auf einen großen Vorrat verlassen zu können.“

Jugend

Waghalters nächste Oper basierte auf einem ganz und gar deutschen Werk, dem gefeierten realistischen Theaterstück Jugend, das der bekannte Autor Max Halbe in den 1890er Jahren geschrieben hatte. Im Februar 1917 hatte das Werk am Deutschen Opernhaus Premiere. Es war ein großer Publikumserfolg. Während der nächsten drei Jahre wurde es mehr als vierzig Mal aufgeführt.

Zahlreiche Kritiker wiesen insbesondere auf Waghalters eindrucksvolle melodische Begabung hin. Der Kritiker der einflussreichen Musikzeitschrift „Die Tonkunst“ äußerte sich begeistert über Waghalters Fähigkeit, tiefe emotionale Wahrheiten melodisch zu vermitteln, und erklärte das Liebesduett, das den Höhepunkt der Jugend bildet, zu einem der großartigsten Momente der Oper, der sich durchaus mit Verdis Aida messen könne.

Doch gerade die von den Kritikern anerkannte außergewöhnliche Schönheit seiner Musik ließ Waghalter im Umfeld der atonalen Revolution, die sich in der deutschen Musik vollzog, geradezu suspekt, wenn nicht anachronistisch erscheinen.

Nicht nur der Wandel des Musikgeschmacks beeinflusste Waghalters Laufbahn. Auch das politische Klima schlug nach dem Krieg zunehmend ins Feindselige um. Waghalter war ein polnischer Jude, und diese Tatsache war für eine bekannte Musikerpersönlichkeit in Deutschland nicht ohne Belang. Obwohl er sich selbst als „Freidenker“ und Agnostiker bezeichnete, der weder die Synagoge besuchte noch die religiösen Feiertage beachtete, weigerte sich Waghalter im Gegensatz zu anderen bedeutenden Dirigenten wie Bruno Walter, Leo Blech und Otto Klemperer (um nur einige zu nennen), zum Christentum zu konvertieren. Er gehörte zu den wenigen bekannten Dirigenten jüdischer Abstammung in Deutschland und Österreich, die es damals ablehnten, dem ständigen Druck des Antisemitismus durch die Taufe zu entgehen.

Sataniel

Im Jahr 1923 wurde Waghalters Oper Sataniel uraufgeführt. Sie fiel bei den Kritikern durch, was Waghalter in seiner Autobiografie auf ihr polnisches Kolorit zurückführt, das angesichts des um sich greifenden Nationalismus auf Ablehnung stieß. Etwa zur selben Zeit löste der Bankrott des Opernhauses infolge der galoppierenden Inflation jener Tage eine durchgreifende Umorganisation aus. Der erzwungene Rücktritt des langjährigen Intendanten Georg Hartmann veränderte das politische Klima an der Oper von Grund auf. Doch ungeachtet der traurigen Umstände, unter denen Waghalter Abschied von seinem geliebten Deutschen Opernhaus nehmen musste, hatte er in seiner mehr als zehnjährigen Anstellung als Komponist und Dirigent Großes geleistet. In dem Abschnitt ihrer Website, der ihrer künstlerischen Geschichte gewidmet ist, zählt die Charlottenburger Oper heute die Erstaufführungen von Waghalters Mandragola, Jugend und Sataniel zu den „gewichtigeren Uraufführungen der ersten Periode“.

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